Donnerstag, 6. März 2014

Über die pädagogische Kränkung


Freud (1917) bilanzierte den Versuch der Psychoanalyse, dass sie das Ich belehren könne, mit dem Fazit, dass das Ich gar nicht Herr im eigenen Haus sei. Daraus entwickelte er die Definition der sogenannten psychologischen Kränkung. Diese besteht aus der Kombination zwischen dem Scheitern der Psychoanalyse als Belehrung des Ich und dem Ich, das sich selber liebt.
Wie steht es bezüglich der Kränkungen um die Pädagogik? Die Belehrbarkeit der Lernenden gehört bei gewissen pädagogischen Theorien zu den Kernannahmen. Die wachsende Zahl der Lern- und Verhaltensstörungen jeder Art erzeugt Zweifel daran. Die Bedeutungen einer Belehrung führen nicht zu identischen Bedeutungen im Wissen und Können der Lernenden.
Das führt zur Definition der pädagogischen Kränkung. Sie besteht einerseits aus der Differenz der Bedeutungen von Belehrungen und andererseits aus den geliebten, jedoch gescheiterten Handlungsmodellen der Pädagogen.
Wahr ist, dass Kommunikation in der Psychoanalyse die Differenzen relativiert. Das Ich des Psychoanalytikers und das Ich des Analysanden entwickeln Differenzierungen, welche zur Heilung führen. Wahr ist auch, dass die Kommunikation in der Pädagogik bzw. im Unterricht die Differenz zwischen den Bedeutungen der Lehre und dem Lernen relativiert. Pädagoge und Zögling erzeugen Differenzierungen, Einsicht und Kompetenz. Das flexible-kritische Interview dynamisiert die Kommunikation durch die konsequente Hinzunahme von Handlungen.
„Unterrichten ist, als würde man mit einer Gabel Sand schaufeln“, fasste mein Freund, Markus Scheiwiller, ein Gespräch über Pädagogik zusammen. Wir schmunzelten.

Freud, S. (1917). Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse. Imago. Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften V (1917). S. 1–7. Zugriff [05.03.2014] http://www.gutenberg.org/files/29097/29097-h/29097-h.htm

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