Dienstag, 24. Oktober 2017

Smart Brothers

Mit dem flexiblen Interview kann erforscht werden, wie sich Köpfe entleeren und wie sie sich hoffentlich auch bilden, d.h. aufklären und enkulturieren.

In der Ära der Tablets, d.h. der "smart brothers", könnte folgenden Fragen nachgegangen werden:
  • Was verstehen wir entwicklungspsychologisch unter digitaler Kompetenz?
  • Was verstehen wir entwicklungspädagogisch unter digitaler Kompetenz?
  • Was bedeutet digitale Kompetenz philosophisch?
  • Wird der Begriff der digitalen Kompetenz bloss funktional verwendet, d.h. im Sinne von "kaufen, besitzen und wissen, wie es geht?"
  • Wird der Begriff der digitalen Kompetenz bildungstheoretisch erörtert, sodass die Anteile der Enkulturation und Aufklärung (vgl. Liessmann, 2017) bewusst werden können?
Liessmann gab ein interessantes Interview zum Thema "Tablets für alle in der Schule" (vgl. Liessmann "Wir haben immer weniger im Kopf" ).
Konrad Paul Liessmann (Bild: PD)


Das Setting ist relativ einfach: geben Sie einer Person (angefangen von Kleinkindern) ein Gerät in die Hand und pflegen Sie gleichzeitig ein Sprachspiel (vgl. Wittgenstein, 1980, 2013). Dann wiederholen Sie dieses Vorgehen frei, bis Sie sich selber sowie die Person und bis die Person sich selber sowie das Gerät verstanden haben.

Literatur
Liessmann, K.P. (2017). Bildung als Provokation. Wien: Zsolnay.
Wittgenstein, L. (1980). Tractatus logico-philosophicus, Tagebücher 1914-1916, Philosophische Untersuchungen (4. Auflage). Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.
Wittgenstein, L. (2013). Bemerkungen über die Grundlagen der Mathematik (9. Auflage). Frankfurt a.M.: Suhrkamp Verlag.

Mittwoch, 15. März 2017

Hausaufgaben auf dem Baum


Neulich erzählte mir eine Mutter, wie sie mit ihrer Tochter Mathematik-Hausaufgaben erledigt hatte. Ihre Erfahrungen entpuppten sich als Trouvaille, die nicht vergessen werden sollte.

Das Mädchen, nennen wir sie Anne-Lise, sollte mehrere Seiten Additionen und Subtraktionen im Hunderterraum lösen. Die Mutter sass mit ihr auf dem Balkon, spornte sie an und half ab und zu. Anne-Lises  Arbeitstempo verlangsamte sich. Die Zeitnot der Mutter stieg an, weil berufliche Verpflichtungen warteten.
Im Gesicht von Anne-Lise zeichnete sich ab, wie ein schulfreier Nachmittag verloren ging. Die Spiele mit den Freundinnen wurden unwahrscheinlicher, und das ersehnte Herumrennen im Garten erfuhr mit jedem Blick auf die Rechenbeigen eine widerwärtige Lähmung. 
Mitten in diesen Nöten folgte die Mutter einem Geistesblitz: «Anne-Lise, ich sehe, wie sich deine Augen im Baum verlieren, auf dem du so gern herumkletterst. Ich mache dir einen Vorschlag: begib dich auf den Baum. Ich lese die Rechenaufgaben, und du rufst das Resultat zurück, das ich mit feinen Bleistiftstrichen notieren werde. Danach überschreibst du die Sachen.»

Anne-Lise verschwand in ihrer geliebten Baumkrone, aus der in zügigem Tempo Zahlen erklangen.